Drum Recording - Raumaufstellung
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Hallo Zusammen
Ich habe demnächst ein Bandrecording anstehend, und kann für die Drumaufnahmen auf einen externen Raum zurückgreifen.
Dieser scheint mir um einiges Idealer als mein Proberaum.
Die Masse sind grob 10x10m und 4-4.5m Deckenhöhe.Der Raum kann teilweise bis komplett mir Aukustikvorhängen an den Wänden geschlossen werden. War letzte Woche mal Probehören und da macht jeder Meter einen grossen Klangunterschied.
Natürlich werde ich vor dem Recording soweit wie möglich testen. Jedoch habe ich quasi nur eine begrenzte Zeit um den Raum zu nutzen.
Eine Grundsätzliche Frage habe ich aber noch. Hier im Kurs, oder auch sons auf Videos sieht man ja oft eine Art LEDE Aufstellung. Quasi harte Wände hinter dem Drum und Dämpfung zur Seite.
Jetzt Frage ich mich, ob ich den Drumer besser in die Ecke spielen lassen soll, oder aus der Ecke heraus.
Die Akustikvorhänge an den Wänden können beliebig verschoben werden. Als Rückwand kann ich zwischen Holztäferung und Rigipsplatten wählen.
Ich denke gerade im Moment, aus der Ecke hinaus spielen zu lassen ist besser, da ich so besser mit Raummikros experimentieren kann.
Ich hänge mal ein paar Fotos und eine Skizze an. -
Hallo Diego,
hier ist Kevin von HOFA-Akustik. Grundlegend vorab: Gute Entscheidung, die Aufnahmen dort durchzuführen! Dort ist es definitiv möglich das Drumset klanglich aufleben zu lassen! Wie so oft aber bei relativ unspezifischen Fragen gilt leider: Es kommt drauf an.
Man muss vorher einiges definieren und einen Plan machen:
"Bandrecording"
Jazz, Drum'n'Bass, Pop, Metal etc. ?"Drumaufnahmen"
Was ist das klangliche Ziel der Aufnahme? Aerosmith, The Police, Slipknot, Rihanna, Coldplay, Prodigy, etc.
Was ist der Stil der Songs? Wuchtige Rockmusik, sanfte Begleitung von "Unplugged" Songs, Hip Hop, etc.
Was passiert im Frequenzspektrum des geplanten Mixes noch so alles? Extremfälle: 8 Spuren Heavy Guitars oder seidige Pianobegleitung.
Was ist der Geschmack des Künstler bzw. der Band? Direkt und trocken oder 3 Close-Mics und der Rest wird fetter Raum?Das muss man alles auch nicht bis ins kleinste vorher planen, aber ein grobes Gesamtbild der Musik muss vorher schon klar sein, sonst besteht die Gefahr, dass man im typischen "Fix it in the mix" Szenario endet.
Vorhänge:
Wichtig zu wissen: Mittelschwere und leichte Vorhänge dämpfen nur Mitten und Höhen. Die Vorhänge sollten also gezielt eingesetzt werden und ein sehr genaues Monitoring durch den Recording Engineer ist ratsam, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Für eine warme Ballade kann es ratsam sein, die Vorhänge komplett zu schließen, für spritzige Pop-Musik reicht evtl. die Hälfte der Fläche. Aber egal wieviel Vorhang man benutzt, Snarebauch, Toms und Bassdrum werden vermutlich sehr lange Nachhall- und Abklingzeiten verursachen! Basstraps in den Ecken und vor Wandflächen aufgestellt werden da bei Bedarf sehr gut helfen. Es kommt aber auch auf die Bauweise des Raumes an. Wenn die Holzverkleidung der Wände leicht schwingend gestaltet ist und Dämmung dahinter hat, dann wird damit auch einiges an tieffrequenter Energie absorbiert und die Abklingzeiten sind evtl. kein so großes Problem.Aufstellung des Drumsets im Raum
Sehr empfehlenswert ist ein Test mit einer Floortom im Raum. Am Rand packen durch den Raum laufen und dabei draufschlagen. Man spürt sofort, wo der Klang "dünn" und leblos ist und wo er ausbalanciert mit Wucht ist. Meist sind die guten Aufstellorte in Richtung von Ecken, da dort die tiefen Frequenzen etwas fokussiert werden und der Klang der Kessel "Kraft" hat. Üblicherweise würde ich mit Blickrichtung des Drummers in Richtung offenem Raum starten, aber klanglich dürfte das eher geringen Einfluss haben, da man als Drummer ja auch nicht so viel in Richtung Rückwand absorbiert. Ausnahme ist evtl. die Bassdrum, die man auch mal 2, 3 Meter entfernt mit zusätzlichem Mikro aufnehmen möchte. Wenn das Mikro dafür genau in der Ecke stehen müsste, würde es wahrscheinlich eine gewaltige Menge "Mulm" einfangen, statt eines klaren Basssignals.LEDE-Prinzip
Das Prinzip wird hauptsächlich in kleinen und mittleren Räumen genutzt, um die Antwort des Raumes zeitlich klarer vom Direktsignal zu trennen. In kleinen Räumen starten destruktive Reflexionen häufig schon nach wenigen Millisekunden, wo hingegen in großen Räumen weit über 10 Millisekunden nach dem Direktsignal erst eine nennenswerte Raumantwort am Hörplatz oder am Mikro eintrifft und daher weniger destuktiv mit dem Direktsignal gemischt wahrgenommen oder aufgenommen wird. Ein gezieltes LEDE-Prinzip ist daher in deiner Situationen eher uninteressant, aber das hängt ganz von individueller Erfahrung und Geschmack des Künstler oder Studio-Engineers ab. Bei Aufstellung des Drumsets in der Ecke kann es aber durchaus ratsam sein, die beiden hinteren sehr nahen Raumflächen absorbierend oder streuend zu gestalten. Vor dem Drumset Absorption aufzubauen ist Geschmackssache oder hängt vom Raumklang ab und kann beim Soundcheck zu den Songs individuell entschieden werden.Ich hoffe, ich konnte helfen.
Wenn du noch mehr Fragen hast, einfach durchklingeln.
Viele Grüße und viel Erfolg
Kevin
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Hallo Kevin
Vielen Dank für deine Ausführliche Antwort!
Das hilft mir schon mal.Ich habe mich schonmal durch den Raum geklatscht, aber das mit der Floortom werden wir sicher auch testen.
Und soweit möglich und Zeit auch alles mögliche mit den Vorhängen.
Recording Engineer bin "nur" ich. Hatte Drums bislang nur live oder im Proberaum recordet, wo eine optimierung schwer war.Entschuldige, dass ich nicht so präzise war.
Der Sound ist Punkrock. Besetzung Drum, Bass, 1 E-Gitarre (gedoppelt), 2 Vocals.
Platz im Arrangement hats also für die Drums.
Beim Recording spielt der Drumer über Kopfhörer zu einem Klicktrack.
Songs varieren etwas von angecrunchtem Offbeat Punk zu etwas härter. Aber weit weg von hardcore.Als Referenz, vorgestelter Drum/Bandsound würde ich wohl diese beiden Bands herziehen.
Also nicht riesiger Raum, aber auch nicht Knochentrocken denke ich.Baboon Show - Me, Myself and I
Pascow - Silberblick & Scherenhände
Mikrofonierung dachte ich an 2 OH, Snare top/bottom, kick, 3 Toms, eventuell HH, 1x Mono Room.
Bin auch 10 Kanäle begrenzt.
Overheads habe ich mich in der Vergangenheit mit einer Glyn Johns Basis (+ zusätzliche Miks) angefreundet. Klang bislang für mich immer etwas "natürlicher". Werde hier aber sicher auch nochmal AB, XY testen.Habe hier in meinem Mixingraum auch ein paar Hofa-Basstraps. Werde die dann wohl zur Sicherheit auch mitnehmen.
Beste Grüsse
Diego -
Oh Schreck, ein toller Raum und dann nur 10 Kanäle. In großen Produktionen sind manchmal 6-10 Kanäle alleine für den Raum und Distanz-Mikros in Nutzung.
Ich empfehle Soundcheck und Abhören des Raumklangs für jeden Song separat. Entscheidungen bzgl. den Vorhängen und Absorption um das Drumset werden dann gleich demokratisch festgenagelt und so wird dann auch der Mix klingen. Entscheidungsfreudigkeit im Recording erspart endloses revidieren des späteren Mixes.
Rein aus akustischer Sicht ist mir aber wichtig zu sagen, dass der Raum zwei Vorteile bietet:
1. Raumklang, den man einfängt hat Größe und mit jedem dB mehr schiebt man einen 100m²-Raum dazu. Das ist schon eine andere Liga als in 20m² Räumen.
aber wichtiger:
2. Das Drumset und der eingefangene Raum sind in großen Räumen viel freier von tief eingeprägten Färbungen, da die Reflexionen viel später und viel diffuser an den Mikros ankommen und wie oben schon geschrieben weniger destruktiv mit dem Direktsignal interagieren. Kammfiltereffekte die dem Klang eine gewisse "Enge" aufstempeln sind wesentlich geringer und erlauben eine "saubere" Aufnahme der ganzen Dinge, die da bei Drumaufnahmen im Frequenzspektrum so los sind.
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@kevinklein
Danke nochmals für die Tipps!
Hatten am Wochenende die Recording Session. Konnte dabei zumindest doch noch auf 14 Kanäle aufstocken.
6h für Drum Preparation, Mikrofonplatzierung und Testaufstellungen.
So ein Raum ist schon eine andere Liga als unser Proberaum. Unglaublich was da ein halber Meter Vorhang oder 1cm Mikrofon Veränderung ausmacht.War extrem lehrreich! und vorhin beim durchhören im Homestudio gleich schon ein paar Sachen gehört, die das nächste Mal noch besser/anders gemacht werden können.